Insulinresistenz, Diabetes und ein übersehenes Zwischenstadium

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Richard Staudner

Der Optimizer

Unser Körper spricht eine Sprache, die wir langsam verlernt haben zu verstehen. Jahrelang sendet er uns Nachrichten – kleine Energieeinbrüche nach dem Mittagessen, unerklärlicher Heißhunger am Nachmittag – doch wir tun sie als normale Alltagserscheinungen ab. 

Was, wenn diese Signale tatsächlich wichtige Warnhinweise sind, dass unser Stoffwechsel bereits aus dem Gleichgewicht gerät?

Was ist Insulinresistenz?

Insulin ist ein lebenswichtiges Hormon, das unsere Körperzellen dabei unterstützt, Zucker aus dem Blut aufzunehmen. Bei einer Insulinresistenz reagieren die Zellen immer schwächer auf dieses Signal.  Jemand klopft an deine Tür, aber du hörst es immer schlechter – also klopft die Person lauter und ausdauernder. Genauso produziert deine Bauchspeicheldrüse immer mehr Insulin, um die abnehmende Empfindlichkeit der Zellen auszugleichen.

Das Problem: Dieser Kompensationsmechanismus hat seine Grenzen. Irgendwann ist die Bauchspeicheldrüse erschöpft, und der Blutzucker beginnt zu steigen.

Die sechs Phasen zur Diabetes und deren Folgeerkrankungen

Der Übergang von gesunder Stoffwechselfunktion bis hin zum Typ-2-Diabetes und seinen Folgen lässt sich in sechs Stufen einteilen:

  1. Gesunde Glukoseverwertung: Dein Körper verarbeitet Zucker problemlos, mit normalen Blutzuckerwerten unter 100 mg/dl und einem Insulin im niedrigen Normalbereich.
  2. Kompensierte Insulinresistenz: Die ersten Anzeichen tauchen auf. Deine Zellen werden unempfindlicher gegenüber Insulin, aber dein Körper gleicht das noch vollständig aus, indem er mehr Insulin produziert. Die Blutzuckerwerte bleiben normal.
  3. Dekompensierte Insulinresistenz: Das ist die kritische Übergangsstufe. Die Kompensation durch mehr Insulin reicht nicht mehr ganz aus. Nach Mahlzeiten steigt dein Blutzucker leicht an. [1] 
  4. Prädiabetes: Jetzt zeigen sich deutliche Anzeichen. Dein Nüchtern-Blutzucker liegt zwischen 100-125 mg/dl, der HbA1c-Wert zwischen 5,7-6,4%. Dies gilt bereits als Vorstufe zum Diabetes. [2] 
  5. Typ-2-Diabetes: Die Diagnose ist eindeutig, wenn dein Nüchtern-Blutzucker über 126 mg/dl oder dein HbA1c-Wert über 6,5% liegt. [3]
  6. Folgeerkrankungen: Langfristig kann unbehandelter Diabetes zu Schäden an Gefäßen, Nerven und Organen führen.

Die übersehene Zwischenstufe

Besonders wichtig ist die dritte Stufe – die dekompensierte Insulinresistenz. Sie wird in der klinischen Praxis oft nicht erkannt, obwohl sie für die Prävention bedeutsam ist. In diesem Stadium könntest du bereits deutliche Symptome spüren, obwohl klassische Tests noch keinen Prädiabetes anzeigen. Hier befindest du dich in einer Art metabolischem Graubereich: Deine Werte sind nicht „krank“ genug für eine Diagnose, aber auch nicht mehr vollständig gesund. Dein Körper verliert langsam den Kampf gegen die Insulinresistenz.

Diabetes und Insulinresistenz haben immer mit Zucker zu tun

Frühwarnzeichen erkennen

Achte auf diese Symptome, die auf eine fortschreitende Insulinresistenz hindeuten können:

  • Müdigkeit und Energieabfall nach kohlenhydratreichen Mahlzeiten
  • Starkes Verlangen nach Süßigkeiten, besonders am Nachmittag
  • Zunehmende Fetteinlagerung am Bauch trotz gleichbleibender Ernährung
  • Konzentrationsprobleme, besonders nach dem Essen
  • Stimmungsschwankungen in Zusammenhang mit Mahlzeiten

Diese Anzeichen werden oft fälschlicherweise Stress, Alter oder anderen Faktoren zugeschrieben. In Wirklichkeit können sie wichtige Hinweise auf einen aus dem Gleichgewicht geratenen Zuckerstoffwechsel sein. [4]

Prävention und Gegenmaßnahmen

Die gute Nachricht: Selbst bei fortgeschrittener Insulinresistenz kannst du die Entwicklung zum Diabetes oft noch umkehren. Wie bei vielen chronischen Erkrankungen, spielen dabei Bewegung, Ernährung und Schlaf die wichtigste Rolle. Bereits kurze Spaziergänge nach den Mahlzeiten können den Blutzuckeranstieg deutlich dämpfen. Regelmäßige, konsequente Bewegung ist viel wirksamer als gelegentliche intensive Trainingseinheiten. Versuche, komplexe Kohlenhydrate zu bevorzugen und sie mit Protein, gesunden Fetten und Ballaststoffen zu kombinieren. Das verlangsamt die Zuckeraufnahme und reduziert Insulinspitzen. Wissenschaftliche Studien zeigen einen direkten Zusammenhang zwischen Schlafmangel und verschlechterter Insulinsensitivität. Schon eine Woche mit guten Schlafgewohnheiten kann messbare Verbesserungen bringen. [5]

Conclusion

Die Erkenntnis, dass es zwischen gesundem Stoffwechsel und Prädiabetes noch wichtige Zwischenstufen gibt, eröffnet neue Möglichkeiten zur Früherkennung und Prävention. 

Du musst nicht tatenlos zusehen, wie dein Körper langsam Richtung Diabetes gleitet. Kleine, konsequente Veränderungen in deinem Alltag können den Unterschied ausmachen – und das lange bevor klassische Diagnosekriterien erfüllt sind.

Bibliography:

  1. pmc.ncbi.nlm.nih.gov-articles
  2. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  3. glucura.de
  4. pmc.ncbi.nlm.nih.gov-articles
  5. pmc.ncbi.nlm.nih.gov-articles

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