Biohacking für Frauen – Teil 2/6 Zyklusbasiertes Essen: Wie du im richtigen Moment das Richtige isst

Bild von Richard Staudner
Richard Staudner

Der Optimizer

Wenn ich mit Frauen über Ernährung spreche, sehe ich immer wieder ein ähnliches Muster: Viele haben das Gefühl, sie müssten einfach „strenger“ mit sich sein – weniger naschen, weniger essen, mehr Disziplin. In einer Woche gelingt das scheinbar problemlos, in der nächsten fühlt es sich dagegen deutlich schwerer an.

Aus meiner Perspektive liegt das selten an Willenskraft.
Es liegt daran, dass dein Körper im Hintergrund ständig seinen Hormon-Rhythmus abspielt. Dieser Rhythmus beeinflusst, wie hungrig du bist, wie du Kohlenhydrate verarbeitest, wie gut du auf Diäten anspringst – und wie gnadenlos du nach Schokolade suchst, wenn du eigentlich „clean“ essen wolltest.

In diesem Artikel zeige ich dir, wie du Essen und Zyklus besser aufeinander abstimmen kannst. Wann Kohlenhydrate besonders sinnvoll sind, warum Eiweiß dein bester Freund ist und wieso aggressive Diäten oder Fasten bei Frauen oft schneller am Zyklus rütteln und negativ wirken, als vielen bewusst ist.

1. Was dein Zyklus mit Hunger, Kalorien & Stoffwechsel zu tun hat

Ganz kurz zur Erinnerung aus Artikel 1: Dort sind wir gemeinsam die vier Zyklusphasen und ihre wichtigsten hormonellen Veränderungen durchgegangen – also den Rahmen, der erklärt, warum Ernährung, Energie und Stimmung im Laufe des Monats so unterschiedlich sein können.

Dein Zyklus besteht aus vier Phasen:

  • Menstruation:
    Während der Menstruation befinden sich Östrogen und Progesteron auf ihrem natürlichen Tiefpunkt. Der Körper durchläuft dabei einen aktiven Reparaturprozess: Die Gebärmutterschleimhaut wird abgestoßen, entzündliche Botenstoffe wie Prostaglandine steigen an und das Immunsystem arbeitet auf Hochtouren. Viele Frauen spüren diese Phase deshalb als körperlich fordernd – gleichzeitig entsteht durch das hormonelle „Niedrig-Level“ oft ein Gefühl von mentaler Klarheit. Die Menstruation markiert damit nicht eine Phase geringer Energie, sondern eine biologische Erneuerung, die den Boden für den nächsten Zyklus bereitet.
  • Follikelphase:
    Mit dem Anstieg des Östrogens erleben viele Frauen in dieser Phase mehr Energie, bessere Stimmung und mehr mentale Stabilität. Östrogen kann Stoffwechsel, Motivation und kognitive Leistungsfähigkeit positiv beeinflussen – das gilt aber nicht für jede Frau gleich stark. Insgesamt ist dies jedoch für die meisten eine Phase, in der sich Körper und Gehirn spürbar „leichter“ anfühlen.
  • Ovulation:
    Kurz vor und während des Eisprungs erreicht Östrogen seinen höchsten Wert. Dieser Anstieg löst den LH-Peak aus, der den Eisprung triggert. Genau in dieser Phase kommt das System auf seinem natürlichen Höhepunkt an: Viele Frauen erleben hier die spürbarste Energie, die größte mentale Schärfe, mehr soziale Offenheit und oft auch die beste körperliche Leistungsfähigkeit. Die Follikelphase führt also in diesen klaren „High-Point“ hinein – die Ovulation ist der Top-Level-Moment des Zyklus.
  • Lutealphase:
    Sobald Progesteron dominiert und das Östrogen leicht zurückgeht, steigt die Sensibilität des gesamten Systems – Stimmung, Appetit und Blutzuckerreaktionen verändern sich –, bevor kurz vor der Periode beide Hormone deutlich abfallen und der Körper in einen ruhigeren Modus übergeht.

Wie steht es mit Performance während der Menstruation?

Immer wieder taucht die Aussage auf, Frauen könnten „während der Menstruation besonders gut performen“. Dieser Satz wird häufig der renommierten Sportwissenschaftlerin Stacy Sims zugeschrieben – allerdings oft in einer Weise, die sie so nie gemeint hat. Sims beschreibt, dass sich einige Frauen zu Beginn der Menstruation klarer, koordinierter und weniger überhitzt fühlen können. Der Grund ist simpel: Mit dem Start der Blutung fällt Progesteron abrupt ab – ein Hormon, das viele als ermüdend und belastend erleben.

Diese subjektive Erleichterung bedeutet jedoch nicht, dass die Menstruation der eigentliche körperliche Leistungshöhepunkt ist. Den sieht auch Sims – wie die meisten sportwissenschaftlichen Studien – in der späten Follikelphase bis zur Ovulation, wenn Östrogen maximal steigt, der Stoffwechsel effizient arbeitet und die neuromuskuläre Performance besonders gut ist.

Sims’ Kernaussage lautet also nicht, dass die Menstruationsphase das „beste Fenster“ für Höchstleistungen ist, sondern dass Frauen in dieser Phase nicht automatisch leistungsschwach sind – und sich manche sogar besser fühlen als in den PMS-Tagen davor.

Des Weiteren wird es auch spannend, wenn man sich anschaut, wie sich Hunger, Energiebedarf und Stoffwechsel im Laufe dieses Zyklus verhalten.

Mehr Hunger vor der Periode – Einbildung oder Biologie?

Viele Frauen berichten, dass sie in der Woche vor der Periode mehr Appetit haben, vor allem auf Süßes und Kohlenhydrate. Und die gute Nachricht ist: Das ist keine Willensschwäche, sondern sehr gut durch Studien erklärbar.

Mehrere Studien zeigen, dass Frauen in der Lutealphase im Schnitt 100–300 kcal mehr zu sich nehmen als in der Follikelphase. Das passt gut zu physiologischen Daten, denn der Grundumsatz kann in dieser Phase leicht ansteigen: Progesteron erhöht die Körperkerntemperatur und lässt Stoffwechselprozesse ein wenig schneller laufen. Kurz gesagt: Der Körper verbraucht mehr – und meldet sich deshalb mit mehr Hunger. Das ist kein Zufall, sondern ganz logisch hormonell gesteuert.

Kurz gesagt: Der gesteigerte Appetit in der Lutealphase ist ein klarer Hinweis darauf, dass dein Körper mehr Energie benötigt – und exakt das kommuniziert er dir.

Kohlenhydrate, Fette, Insulin – dein Stoffwechsel im Takt

Der Zyklus beeinflusst auch, wie dein Körper Energiequellen nutzt:

  • In vielen Studien zeigt sich: In bestimmten Phasen nutzt dein Körper eher Kohlenhydrate, in anderen etwas stärker Fett als Energiequelle.
  • Es gibt Hinweise, dass deine Insulinsensitivität – also wie gut die Körperzellen auf Insulin reagieren und dadurch Zucker aus dem Blut aufnehmen können – in der Follikelphase etwas besser ist als in der Lutealphase.

Das bedeutet: Je nach Phase kann dein Körper Kohlenhydrate besser oder schlechter wegstecken. Und genau da setzt zyklusbasiertes Essen an.

2. Kohlenhydrate – wann sie glänzen und wann sie dich eher stressen

Kohlenhydrate sind nicht der Feind. Sie sind dein schnellster Treibstoff – besonders für Gehirn und intensives Training. Aber WANN du wie viele und welche Art von Kohlenhydraten isst, kann deinen Zyklus und deine Energie stark beeinflussen.

Follikelphase & Eisprung: Gute Zeit für mehr „smarte Carbs“

In der Follikelphase, besonders Richtung Eisprung, läuft dein System meist am rundesten:

  • Östrogen steigt – das unterstützt Stoffwechsel, Muskelfunktion und häufig auch Insulinsensitivität.
  • Studien zeigen, dass das Gehirn in der frühen Zyklusphase sensibler auf Insulin reagiert – es kann also besser mit Blutzucker umgehen.

Was bedeutet das praktisch?

  • Diese Phase eignet sich gut für komplexe Kohlenhydrate (Buchweizenflocken, Quinoa, Hirse, Naturreis, Süßkartoffeln, etc.) – besonders rund um dein Training.
  • Wenn du gezielt Körperfett reduzieren möchtest, ist dies eine Phase, in der sich viele Frauen leichter an moderate Kalorienreduktion halten können, ohne sich komplett ausgelaugt zu fühlen.
  • Performance-lastige Tage (z.B. hartes Krafttraining, Intervalle, intensiver Jobtag) können hier bewusst mit Carbs unterstützt werden, weil dein System sie gut nutzen kann.

Ganz wichtig: Es geht nicht darum, nur in dieser Phase Kohlenhydrate zu essen oder sie in anderen Phasen strikt zu meiden – sondern darum zu verstehen, dass sie gerade hier besonders gut für dich arbeiten können.

Lutealphase: Blutzuckerschaukel vermeiden, statt Carbs verteufeln

In der Lutealphase passiert hormonell einiges:

  • Progesteron steigt, Östrogen fällt teilweise ab.
  • Viele Frauen werden etwas insulinresistenter – der Körper reagiert weniger fein auf Kohlenhydrate.
  • Gleichzeitig steigt aber der Appetit, und die Lust auf Süßes nimmt zu.

Ein weiterer wichtiger Mechanismus in dieser Phase betrifft die Neurochemie: Progesteron beeinflusst das Serotoninsystem – jenes Netzwerk, das Stimmung, Stabilität und Impulskontrolle reguliert. Sinkt Serotonin oder wird weniger zuverlässig bereitgestellt, verstärkt sich das Bedürfnis nach schnellen Kohlenhydraten. Sie erleichtern dem Gehirn die Aufnahme von Tryptophan und damit die Bildung von Serotonin. Die Lust auf Süßes ist in der Lutealphase daher kein „Ausrutscher“, sondern ein neurobiologisch sinnvolles Signal, mit dem dein Körper versucht, Stimmung und Energie ins Gleichgewicht zu bringen.

So entsteht zu diesem Zeitpunkt die klassische „Zyklus-Falle“:
Heißhunger auf Zucker → schnelle Carbs essen→ Blutzucker hoch → Insulin hoch → Blutzucker runter → noch mehr Hunger.

Was kannst du tun, um diese sensible Phase besser zu managen?

  • Auf keinen Fall die Kohlenhydrate komplett streichen, das endet oft in Fressattacken.
  • Besser:
    • auf komplexe Carbs mit Ballaststoffen setzen (Vollkorn, Gemüse & Obst)
    • immer mit Protein & Fett kombinieren (z.B. Haferflocken + Joghurt + Nüsse; Buchweizenbrot + Ei + Avocado)
    • Zuckerbomben nicht als „verboten“ markieren, sondern bewusst einbauen – idealerweise nach einer richtigen Mahlzeit.

So nimmst du den Blutzuckerspitzen die Schärfe und gibst deinem Körper trotzdem, was er einfordert.

3. Protein – dein konstanter Anker über alle Phasen

Während Kohlenhydrate je nach Zyklusphase etwas anders wirken können, bleibt Protein der verlässliche Fels in der Brandung.

  • Protein unterstützt Muskelaufbau & -erhalt, Immunsystem, Enzyme, Hormone.
  • Es hilft, dich satt zu fühlen und Heißhunger zu zähmen.
  • Gerade in Phasen mit höherem Appetit (späte Lutealphase) kann eine proteinreiche Ernährung verhindern, dass du unkontrolliert in die Süßigkeitenkiste greifst.

Für aktive Frauen werden in der Literatur häufig 1,4–2,0 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag diskutiert – abhängig von Trainingsumfang und Zielsetzung. (Das sind z.B. 84–120 g Protein bei 60 kg Körpergewicht.)

Du musst jetzt nicht den Taschenrechner rausholen oder alles was du isst in einer App tracken, aber ich empfehle dir:

  • In JEDER Zyklusphase jede Mahlzeit mit einer Proteinquelle aufzubauen:
    • Eier, Joghurt, Tofu & Käse
    • Fleisch (insb. Wild und Geflügel), Fisch und Meeresfrüchte in guter Qualität
    • Proteinpulver (Whey oder Vegan) als Ergänzung, wenn du es magst

Ein hoher Proteinanteil hilft dir in jeder Zyklusphase, deine Muskulatur zu schützen und Stimmung sowie Blutzucker stabil zu halten. 

4. Fette – die Bausteine deiner Hormone

Fette sind für deinen Zyklus wesentlich wichtiger, als viele denken. Sie liefern nicht nur Energie, sondern sind die Grundlage für deine Steroidhormone – also für Östrogen, Progesteron, Testosteron und viele weitere Botenstoffe, die deinen monatlichen Rhythmus steuern.

Sehr fettarme Ernährungsformen können langfristig problematisch sein, weil dein Körper Cholesterin als Ausgangsstoff für diese Hormone benötigt. Bekommt er davon zu wenig, kann das die Hormonproduktion dämpfen – mit möglichen Folgen für Zyklus, Stimmung, Energie und Haut.

Was deine Ernährung jetzt unterstützen kann:

  • Hochwertige pflanzliche Fette wie Olivenöl, Avocado, Nüsse und Samen versorgen dich mit essentiellen Fettsäuren.
  • Omega-3-reiche Lebensmittel (Lachs, Makrele, Sardinen, Leinsamen, Walnüsse) wirken entzündungsmodulierend – besonders wertvoll in der sensiblen späten Lutealphase.
  • Gesättigte Fette aus guter Qualität (z. B. Eier, Butter, Fleisch aus artgerechter Haltung) liefern Bausteine für Hormone, ohne das System unnötig zu belasten.

Die Mischung macht’s:
Nicht „low fat“ oder „no fat“, sondern die richtigen Fette in ausgewogener Menge, damit dein Körper stabil Hormone produzieren und verarbeiten kann.

5. Mikronährstoffe – die leisen Regler deines Zyklus

Mikronährstoffe wirken oft im Hintergrund, aber sie sind entscheidend dafür, wie stabil dein Zyklus läuft, wie gut du Hormone herstellst – und wie du dich im Monatsverlauf fühlst. Sie sind an Energieproduktion, Entgiftung, Neurotransmittersynthese und Hormonregulation beteiligt und beeinflussen damit direkt Stimmung, Appetit, Schlaf und Stressresilienz.

Gerade in der Lutealphase und kurz vor der Periode zeigt sich oft, wie gut deine Speicher gefüllt sind.

Diese Mikronährstoffe sind besonders wichtig für einen stabilen Zyklus:

  • Magnesium: Entspannt Muskeln und Nervensystem, unterstützt Progesteron, reduziert PMS-Beschwerden und wirkt beruhigend auf Blutzucker und Stressreaktionen.
  • B-Vitamine (B6, B9, B12): Helfen bei der Herstellung von Neurotransmittern wie Serotonin und Dopamin; B6 spielt eine Schlüsselrolle bei PMS und Stimmung.
  • Zink: Essenziell für Eisprung, Progesteronbildung, Immunsystem und Haut.
  • Eisen: Wird besonders während der Menstruation benötigt; niedrige Eisenwerte können zu Müdigkeit und Brain Fog führen.
  • Omega-3-Fettsäuren: Reduzieren Entzündungen, verbessern Stimmung und können Menstruationsbeschwerden lindern.
  • Vitamin D: Unterstützt hormonelle Balance, Immunfunktion und Stimmung – ein unterschätzter Faktor bei unregelmäßigem Zyklus.

Was bedeutet das in der Praxis?

Zyklusbasiertes Essen heißt nicht nur „mehr Protein“ oder „andere Carbs“. Es heißt auch:
Deinem Körper jene Mikronährstoffe zu geben, die ihn durch den monatlichen Wechsel von Aufbau, Eisprung und Abbau tragen.

Eine gute Versorgung wirkt oft subtil – aber sie macht spürbaren Unterschied bei:

  • Stimmungsschwankungen
  • Heißhunger
  • Energielevel
  • Schlaf
  • PMS-Symptomen
  • Stressresilienz

Mikronährstoffe sind keine „Bonus-Zutat“, sondern die Stellschrauben, an denen deine Biochemie tagtäglich arbeitet.

6. Verdauung & Zyklus – warum dein Bauch mitredet

Viele Frauen spüren den Zyklus nicht nur in Stimmung und Hunger, sondern auch an der Verdauung.

Während der Menstruation:

Der Körper bildet während der Menstruation mehr Prostaglandine – Botenstoffe, die nicht nur die Gebärmutter zusammenziehen lassen, sondern auch den Darm stärker stimulieren können. Das Ergebnis: Bei manchen Frauen kommt es zu Durchfall oder deutlich schnellerem Stuhlgang, weil der Darm auf diese hormonellen Signale empfindlich reagiert.

Am Ende der Lutealphase:

Progesteron wirkt in der späten Lutealphase entspannend auf die Darmmuskulatur – die natürliche Bewegung des Darms wird langsamer und träger. Dadurch entstehen bei vielen Frauen Verstopfung, Blähungen und ein ausgeprägtes Völlegefühl, ohne dass sich die Ernährung verändert haben muss.

Das ist ein klarer hormonabhängiger Effekt – kein Zufall und kein Gefühl von „etwas falsch gemacht“.

7. Wassereinlagerungen & Wassertrinken im Zyklus

In der späten Lutealphase bindet dein Körper durch Progesteron oft mehr Flüssigkeit.
Tatsächlich hilft hier mehr trinken, nicht weniger. Das unterstützt die Nieren und die natürliche Regulation. Auch während der Menstruation lohnt sich eine bewusst höhere Trinkmenge, denn dein Körper verliert nicht nur Blut, sondern auch Elektrolyte.

Wassereinlagerungen (Ödeme) sind vor allem in den Tagen vor der Periode und während der Blutung am stärksten. Viele Frauen fühlen sich dann „aufgeschwemmt“ oder schwerer.

Der Hintergrund:

Progesteron beeinflusst die Flüssigkeitsverteilung im gesamten Gewebe und sorgt dafür, dass der Körper mehr Natrium bindet, was wiederum Wasser zurückhält. Gleichzeitig nehmen entzündliche Mikroprozesse in Haut und Bindegewebe leicht zu – das macht dich empfindlicher für Schwellungen, ein „schwereres“ Körpergefühl und sichtbarere Wassereinlagerungen.

Was hilft?

Regelmäßige Bewegung, um die Lymphzirkulation anzuregen, ausreichende Hydration, damit die Nieren überschüssiges Natrium besser regulieren können, sowie eine Ernährung mit weniger stark verarbeiteten, salzreichen Lebensmitteln, die das System nicht zusätzlich belasten.

Wichtig: Ödeme sind kein Zeichen mangelnder Disziplin – sie entstehen hormonbedingt und verschwinden meist innerhalb weniger Tage wieder.

8. Diäten, Low Carb, Low Fat – und was sie mit deinem Zyklus machen

Viele Frauen starten Diäten, ohne zu ahnen, wie stark sich ein Kaloriendefizit auf ihre Hormone auswirken kann.

In der Endokrinologie (Hormonmedizin) spricht man von Low Energy Availability (LEA) – also zu wenig verfügbarer Energie im Verhältnis zu dem, was dein Körper verbraucht. Genau dazu gibt es sehr klare Daten:

  • Studien zeigen, dass bei Frauen die Reproduktionshormone – insbesondere das luteinisierende Hormon (LH), das den Eisprung auslöst und steuert – aus dem Takt geraten können, wenn die verfügbare Energie über längere Zeit zu niedrig ist. Und das passiert unabhängig davon, ob eine Frau schlank, normalgewichtig oder trainiert ist.
  • Vereinfacht gesagt: Wenn dein Körper das Gefühl hat, es herrscht dauerhaft „Nahrungsmangel“, schaltet er nicht zuerst die Fettverbrennung hoch, sondern nicht dringende Funktionen runter – und Fortpflanzung gehört biologisch nicht zu den Überlebensprioritäten.

Das Ergebnis können sein:

  • unregelmäßige Zyklen
  • schwache oder ausbleibende Blutungen
  • Zyklusverkürzung und Eisprungstörungen
  • niedriges Östrogen mit allen Folgen (Knochengesundheit, Stimmung, Libido)

Das gilt besonders in Kombination mit viel Sport + wenig Essen.

Crash-Diäten, sehr strikte Low-Carb-Phasen oder extrem fettarme Diäten sind für Frauen deshalb oft doppelt riskant:

  1. Sie stressen das Hormonsystem.
  2. Sie können Heißhunger verstärken und so langfristig zu „Binge–Restrict“-Mustern (also Fressattacken, gefolgt von Kalorien-Einschränkungen) führen.

Heißt das: „Diäten sind verboten“? Natürlich nicht.

Es heißt: gehe lieber klug und zyklusgerecht vor, statt deinen Körper über Wochen auszuhungern.

9. Intervallfasten & Frauen – passt das zusammen?

Intervallfasten ist überall. 16:8, 18:6, One Meal a Day – klingende Kürzel, beeindruckende Vorher-Nachher-Fotos. Aber: Frauen sind keine kleinen Männer, und das gilt beim Fasten besonders.

Was sagt die Forschung?

  • Studien zu zeitlich begrenztem Essen (z.B. 8-Stunden-Essfenster) zeigen bei übergewichtigen Personen – inklusive Frauen – oft Gewichtsverlust und bessere Blutzuckerwerte, ohne dramatische Veränderungen bei Östrogen oder Progesteron in kurzen Zeiträumen.
  • Gleichzeitig gibt es zunehmend Hinweise aus Reviews, dass aggressives oder lang andauerndes Fasten (sehr kleine Essfenster, lange Fastentage, kombiniert mit wenig Kalorien) bei manchen Frauen zu Zyklusunregelmäßigkeiten und hormonellen Auffälligkeiten führen kann – vor allem, wenn ohnehin schon wenig gegessen wird oder intensiver Sport dazukommt.

Mechanistisch ist das gut erklärbar:
Der wichtigste Taktgeber deiner Sexualhormone im Gehirn, das GnRH (ein Hormon, das die Freisetzung von Geschlechts­hormonen steuert), reagiert sensibel auf Stress, Energiemangel und starke Blutzuckerschwankungen. Wenn die Botschaft „Nahrungsunsicherheit“ oder „chronischer Stress“ ankommt, drosselt dein Körper eher Eisprung & Zyklus als Atmung oder Herzschlag.

Intervallfasten kann für manche Frauen funktionieren, wenn:

  • du metabolisch stabil bist (kein Untergewicht, keine Essstörung, kein massiver Stress)
  • du nicht gleichzeitig hardcore diätest
  • du nicht maximal trainierst und gleichzeitig stark fastest
  • dein Zyklus stabil bleibt

Ich rate eher zu sanften Varianten für Frauen:

  • statt 16:8 lieber mit 12–14 Stunden nächtlichem Fasten beginnen
  • Fastenfenster flexibel an stressige Tage oder Zyklusphase anpassen
  • keine harten Fastentage direkt in der späten Lutealphase oder an sehr PMS-lastigen Tagen
  • sofort hellhörig werden, wenn: Zyklus unregelmäßig wird, Periode ausbleibt, Stimmung massiv kippt

Wichtig: Fasten ist ein Werkzeug, kein Muss.

→ Wenn du merkst, dass dein Zyklus leidet, ist es nicht das richtige Werkzeug – zumindest nicht in dieser Intensität.

→ Frühstücken hilft dir besonders in der Lutealphase, den Blutzucker zu stabilisieren, Heißhunger zu reduzieren und deinem Körper das klare Signal zu geben, dass genügend Energie verfügbar ist.

10. Praxis-Vorschlag: Zyklusbasiertes Essen – praktische Orientierung nach den einzelnen Phasen

Lass uns das Ganze zum Schluss noch einmal sortieren und eine Übersicht für einen Zyklus schaffen. Das hier sind nur Orientierungen, keine starren Regeln – dein Körper hat immer das letzte Wort.

Menstruation – Regeneration & Nährstoffe

  • Fokus auf Eisen (rotes Fleisch, Hülsenfrüchte, grünes Blattgemüse – ideal mit Vitamin C kombinieren)
  • ausreichend hochwertige Carbs, um Energie und Stimmung zu stabilisieren
  • gute Proteinquellen in jeder Mahlzeit
  • eher warme, leicht verdauliche Gerichte
  • keine krassen Diäten und Fastenexperimente in diesen Tagen starten

Follikelphase – leichteres Defizit & Performance-Carbs

  • ideal für eine moderate Kalorienreduktion, falls du Fett verlieren willst – häufig fällt es hier leichter
  • Carbs gezielt rund um Training einsetzen (z.B. Buchweizenflocken vor dem Sport, Naturreis/Süßkartoffeln danach)
  • Die Basis in dieser Phase: viel Protein für Sättigung und Stabilität, ausreichend gute Fette für hormonelle Balance – und Kohlenhydrate so einsetzen, dass sie deinen Alltag und dein Training optimal unterstützen.
  • gute Phase für neue Ernährungsroutinen – hier hast du oft mehr Struktur & mentale Kraft

Ovulation – Hochleistungstage gut versorgen

  • keine Angst vor Carbs an Trainingstagen – du nutzt sie gut
  • ausreichend essen, um Performance & Regeneration zu unterstützen
  • Protein + Carbs + gesunde Fette = starke Kombi
  • wenn du hier zu stark unterkalorisch fährst, verschiebst du den Stress Richtung Lutealphase

Lutealphase – Heißhunger zähmen, statt kämpfen

  • akzeptieren: etwas mehr Hunger ist normal
  • lieber 100–200 kcal mehr in Form von Protein + Ballaststoffen + guten Fetten (z.B. Joghurt mit Beeren & Nüssen, Hummus mit Gemüsesticks), als tageweise totale Kontrolle, gefolgt von Binge
  • Carbs: nicht streichen, sondern klug wählen (Vollkorn, Hülsenfrüchte, Gemüse, Obst)
  • ausreichend Magnesium und Omega-3 einplanen (Nüsse, Samen, Fisch), sie können Stimmung & Krämpfe günstig beeinflussen
  • Diäten hier eher locker fahren, Fokus auf Stabilität statt Rekord-Fatloss

Fazit 

Zyklusbasiertes Essen heißt nicht, dass du jede Gabel nach dem Kalender planen musst.
Es heißt: Du verstehst, warum sich dein Hunger verändert, warum Carbs sich manchmal leichter, manchmal schwerer anfühlen – und du hörst auf, dich dafür zu verurteilen.

Du bist nicht zu schwach für deine Diät.
Dein Körper versucht, dich zu schützen – vor Energie- und Hormonchaos.

Im nächsten Teil der Serie schauen wir uns an, wie du Training und Zyklus aufeinander abstimmen kannst:
Wann sich harte Workouts lohnen, wann Regeneration König(in) ist und wie du Verletzungen & Überlastung vorbeugen kannst, wenn du im Einklang mit deinen Hormonen trainierst.

Energiegeladene Grüße,

Der Optimizer

Richard Staudner 

Wenn dich Themen wie Biohacking, Longevity, Gesundheit und Performance faszinieren, dann ist mein Podcast „Der Optimizer“ das Richtige für dich. Dort findest du regelmäßig neue Folgen mit fundiertem Wissen und praktischen Tipps für deinen Alltag.

Du willst eine Ebene tiefer gehen und direkt mit mir an deiner Gesundheit und Performance arbeiten? Dann schau dir den Performance Club an – mein Coaching-Programm für Menschen, die wirklich etwas verändern wollen.

 Hier geht’s zum Performance Club: https://richardstaudner.at/performance-club/

Stress ist aktuell ein Thema für dich? Dann wird dir mein Buch „Drück mal Pause“ helfen, einen neuen Zugang zu mehr Ruhe, Klarheit und Gesundheit im Alltag zu finden.Hier findest du mein Buch auf Amazon: https://lmy.de/ZZvWs

Du wilslt noch tiefer in das Thema Zyklus einsteigen? Dann lies am besten diesen Artikel hier:

Special: Biohacking für Frauen 1/6:     Hormonphasen, Gefühle und Energie: Wie tickt der weibliche Körper? 

Quellen 

  • Barr, S. I., Janelle, K. C., & Prior, J. C. (1995). Energy intakes are higher during the luteal phase of ovulatory menstrual cycles. American Journal of Clinical Nutrition, 61(1), 39–43. https://doi.org/10.1093/ajcn/61.1.39
  • Tucker, J. A. L., McCarthy, S. F., Bornath, D. P. D., Khoja, J. S., & Hazell, T. J. (2025). The effect of the menstrual cycle on energy intake: A systematic review and meta-analysis. Nutrition Reviews, 83(3), e866–e876. https://doi.org/10.1093/nutrit/nuae093
  • Gil, Y. R. C., Vázquez, R., Díaz, E., & Fernández, M. (2009). Relation of menstrual cycle and alimentary consumption to body composition in university students. Clinical Nutrition ESPEN, 4(5), e269–e272. ScienceDirect
  • Oosthuyse, T., & Bosch, A. N. (2010). The effect of the menstrual cycle on exercise metabolism. Sports Medicine, 40(3), 207–227. https://doi.org/10.2165/11317090-000000000-00000
  • Niering, M., Baecker, N., Wirth, K., & Fröhlich, M. (2024). The influence of menstrual cycle phases on maximal strength and metabolism. Sports, 12(1), 31. https://doi.org/10.3390/sports12010031
  • MacGregor, K. A., Gallagher, I. J., & Moran, C. N. (2021). Relationship between insulin sensitivity and menstrual cycle is modified by BMI, fitness, and physical activity. Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, 106(10), 2979–2990. PubMed
  • Hummel, J., Schmid, S. M., Dannecker, C., & Tschöp, M. H. (2023). Brain insulin action on peripheral insulin sensitivity in women is modulated by menstrual cycle phase. Nature Metabolism, 5, 1671–1681. PubMed
  • Loucks, A. B., Verdun, M., & Heath, E. M. (1998). Low energy availability, not stress of exercise, alters LH pulsatility in exercising women. Journal of Applied Physiology, 84(1), 37–46. https://doi.org/10.1152/jappl.1998.84.1.37
  • Loucks, A. B., & Thuma, J. R. (2003). Luteinizing hormone pulsatility is disrupted at a threshold of energy availability in regularly menstruating women. Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, 88(1), 297–311. https://doi.org/10.1210/jc.2002-020369
  • Areta, J. L., & Hopkins, W. G. (2021). Low energy availability: History, definition and evidence of its endocrine, metabolic and physiological effects in prospective studies in females and males. European Journal of Applied Physiology, 121, 1–21. https://doi.org/10.1007/s00421-020-04516-0
  • Aragon, A. A., & Schoenfeld, B. J. (2013). Nutrient timing revisited: Is there a post-exercise anabolic window? Journal of the International Society of Sports Nutrition, 10(1), 5. https://doi.org/10.1186/1550-2783-10-5

Teilen:

Facebook
Twitter
Pinterest
LinkedIn