Schlusslichter der Prävention: Warum Deutschland, Österreich und die Schweiz im Gesundheitsschutz hinterherhinken

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Richard Staudner

Der Optimizer

Wenn ich in den Public Health Index 2025 blicke, stockt mir der Atem: Länder wie Deutschland, Österreich und die Schweiz geben pro Kopf so viel für Gesundheit aus wie kaum ein anderes – und sind dennoch bei Prävention ganz hinten mit dabei. 2022 etwa lagen die Gesundheitskosten pro Kopf in Deutschland bei rund 5.317 €, in Österreich bei 4.745 € – beide deutlich über dem gewichteten EU-Durchschnitt von 3.533 € . Trotzdem bleibt die Lebenserwartung nur im Mittelfeld. 2023 lag sie in Deutschland bei 81,1 Jahren, in Österreich bei 81,9 Jahren, während der EU-Durchschnitt bei 81,4 Jahren liegt .

Das sollte uns stutzig machen, denn die entscheidenden Volkskrankheiten (Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Leiden, Krebs usw.) sind größtenteils lebensstilbedingt. Ungesunde Ernährung, Rauchen, Alkohol und Bewegungsmangel verkürzen nachweislich Lebenszeit und belasten die Lebensqualität. Laut OECD wären rund 200.000 Todesfälle pro Jahr allein durch bessere Primärprävention vermeidbar.

Aus dem lange gefeierten „Exportweltmeister“ Deutschland, aber auch aus Österreich ist jedoch ein deutliches Präventions-Schlusslicht geworden. Während andere Staaten längst konsequent vorgehen – etwa zuckerhaltige Getränke besteuern oder Rauchverbote ausweiten – setzen die Bundesregierungen  weiterhin auf Appelle an die Eigenverantwortung und freiwillige Branchenlösungen. Das kostet uns wertvolle Zeit und Lebensqualität.

Nach Berechnungen gehen in etwa in Deutschland nahezu vier von zehn Todesfällen auf vier verhaltensbedingte Risikofaktoren zurück:

  • Tabakkonsum
  • Alkoholkonsum
  • unausgewogene Ernährung
  • Bewegungsmangel

Diese vier Faktoren sind die eigentliche Wurzel unseres Problems. Weltweit wird empfohlen, sie mit politischen Maßnahmen anzugehen – doch hierzulande fehlt genau dieser politische Wille. Im Folgenden untersuche ich die einzelnen Handlungsfelder des Public Health Index (Tabak, Alkohol, Ernährung, Bewegung) im Detail und zeige, wie dramatisch schwach die Politik im deutschsprachigen Raum aufgestellt ist – und was man von Musterschülern in Europa lernen kann.

Tabak: Der Rauch, der bleibt

Deutschland und Österreich rangieren in Europa traditionell ganz unten, wenn es um Tabakkontrolle geht. Laut Public Health Index 2025 erreicht Deutschland im Bereich Tabakprävention nur 10,8 von 25 möglichen Punkten, Österreich kommt auf 12 von 25 Punkten. Nur Luxemburg und die Schweiz schneiden noch schlechter ab. Zum Vergleich: Großbritannien erzielt mit 20,5 Punkten fast die volle Bewertung. Die Grundlage dieser Bewertungen sind zentrale Maßnahmen wie Besteuerung, Rauchverbote, Werbeeinschränkungen und Schutz vor Passivrauchen – also Hebel, die längst bekannt sind, aber in Deutschland und Österreich nur halbherzig oder gar nicht genutzt werden.

Bei Maßnahmen zum Nichtraucherschutz etwa zeigen sich eklatante Lücken: In 13 von 16 deutschen Bundesländern gibt es Ausnahmeregelungen (z.B. Raucherclubs), und öffentliche Plätze sind nur zögerlich rauchfrei. Europaweit führende Länder wie Irland oder Großbritannien setzen dagegen auf flächendeckende Rauchverbote – selbst auf Parkbänken und Bahnsteigen gilt dort Rauchverbot.

Ein weiteres Beispiel: das wirksamste Instrument um Rauchen einzuschränken, nämlich der Steueranteil am Zigarettenpreis, liegt in Deutschland bei nur etwa 64,5 %. Die WHO empfiehlt dagegen einen Anteil von mindestens 75 %. In Irland und Frankreich liegt dieser Wert bereits über 80 %, während er in Deutschland deutlich zu niedrig ist. Kein Wunder, dass ein Päckchen Zigaretten hierzulande für umgerechnet rund 8,35 Internationale Dollar zu haben ist – während es in Irland fast doppelt so teuer verkauft wird (16,37 $). Ein Internationaler Dollar ist eine rechnerische Währungseinheit, die Kaufkraftunterschiede zwischen Ländern ausgleicht – er zeigt also, was eine Ware im jeweiligen Land tatsächlich kostet. Kurz: Günstiges Rauchen und lasche Regeln machen das Tabakkonsumieren hierzulande leicht.

Dass Deutschland dennoch abwartet und zögert, hat handfeste Gründe: Die Tabakindustrie übt enormen Lobbydruck aus und hält viele Politiker*innen davon ab, sich gegen diese Industrie zu stellen. Dabei ist bekannt, dass Tabakrauch katastrophale Folgen hat: Jeder siebte Todesfall in Deutschland geht auf das Rauchen zurück. Auch Passivrauchen kostet Leben und Gesundheit. Andere Staaten beweisen längst, dass rigorose Tabakpolitik wirkt: Irland und das Vereinigte Königreich erzielten auf der TCS (Tobacco Control Scale) jeweils 82 / 100 Punkte und setzen konsequent auf schockierende Warnbilder und plain packaging – Deutschland dagegen lässt weiterhin Markendesign auf Zigarettenpackungen zu und erlaubt Tabakwerbung an Kiosken und Tankstellen. 

Auf Reisen habe ich erlebt, wie selbstverständlich es in Japan ist, im öffentlichen Raum nicht zu rauchen: Dort gibt es abgeschirmte Raucherinseln, und Rauchen auf der Straße gilt als Tabubruch. Wir in Deutschland und Österreich sind davon noch Lichtjahre entfernt – und schützen leider weder Kinder, noch Nichtraucher, genug.

Expertenstimme: Prof. Dr. Ute Mons – „Der Ball liegt im Spielfeld der Politik“

Wenn es um Tabakprävention geht, bringt es Prof. Dr. Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) auf den Punkt: „Der Ball liegt im Spielfeld der Politik.“ Als Mitautorin des Public Health Index 2025 betont sie, dass Deutschland seit Jahren evidenzbasierte Maßnahmen zur Eindämmung des Rauchens vor sich herschiebt – und damit wertvolle Lebensjahre verspielt. Besonders erschreckend sei, so Mons, dass sogar einfache Schritte wie flächendeckende Rauchverbote an Arbeitsplätzen, in Gaststätten oder an Haltestellen nicht konsequent umgesetzt würden. Deutschland verliere damit nicht nur im internationalen Vergleich den Anschluss, sondern nehme auch vermeidbare Todesfälle billigend in Kauf. Ihr Appell: Politik müsse jetzt handeln – entschieden, evidenzbasiert und frei von Lobbyinteressen.

Alkohol: Günstiger Rausch

Ähnlich dramatisch fällt das Abschneiden beim Thema Alkohol aus. Deutschland und Österreich gehören im europäischen Vergleich zu den Schlusslichtern: Laut Public Health Index 2025 erreichen beide Länder im Bereich Alkoholpolitik lediglich 5,6 von 25 Punkten. Nur Luxemburg liegt noch darunter.

Besonders ernüchternd ist, wo Deutschland und Österreich versagen: Bei den wichtigsten Stellschrauben – Verfügbarkeit und Besteuerung – bleiben beide Staaten weit hinter den internationalen Empfehlungen zurück. Alkohol ist hier billig, flächendeckend erhältlich und gesellschaftlich tief verankert. Selbst Hochprozentiges wird rund um die Uhr an Tankstellen und in Supermärkten verkauft – zu Preisen, die im internationalen Vergleich niedrig sind.

Ein anschauliches Beispiel: Im Discounter kostet ein 1,5-Liter-Tetrapak Wein weniger als 2 Euro. In Finnland dagegen macht allein die Steuer auf eine 0,7‑Liter-Flasche Wein rund 3,20 Euro aus. Kein Wunder also, dass junge Menschen in Deutschland früh Zugang zu Alkohol finden und viele Erwachsene exzessiv trinken – ganz ohne größere, finanzielle Hürden. In manchen Ländern, wie etwa Island oder Litauen, ist der Verkauf von Alkohol erst ab 20 Jahren erlaubt – in Deutschland hingegen gilt für Bier und Wein bereits ab 16 Jahren freie Bahn. Des Weiteren ist Alkoholwerbung hier nahezu überall präsent. Im Fernsehen, auf Plakaten, in Supermärkten oder sozialen Medien wird sogar für harte Getränke wie Whiskey geworben. Ohne einen Schutz der Jugend. 

Dabei zeigen andere Länder, wie man es besser macht. Die nordischen Staaten etwa setzen auf staatliche Monopole oder strenge Lizenzsysteme: In Norwegen, Finnland oder Schweden sind Preise deutlich höher und der Zugang kontrollierter. In Litauen und Irland erzielten umfassende Reformen einen echten Umschwung: Während die Pubertät früher von billigen Schnapsangeboten geprägt war, sind dort heute Nacht- oder auch Sonntagsverkäufe eingeschränkt und Schulungskampagnen für Jugendliche Standard. Die Erfahrungen dieser Vorreiter belegen: Erhöhte Steuern und eingeschränkte Verfügbarkeit senken Verbrauch und Krankheitslast. In Deutschland fehlen solche Ambitionen. Wir zahlen pro Jahr geschätzt 57 Milliarden Euro für alkoholbedingte Schäden (und weitere 63 Milliarden für Folgen des Rauchens) – eine massive Summe, während die Politik nur stillschweigend zusieht.

Ernährung: Fehlende Regeln, fette Zahlen

Das Ergebnis im Ernährungsbereich ist ernüchternd: Deutschland und Österreich erhielten 2025 null Punkte im Public Health Index. Von sechs wirksamen Maßnahmen wurde hierzulande keine einzige flächendeckend umgesetzt. Damit zählen wir zu den Schlusslichtern unter den untersuchten Ländern.

Welche Maßnahmen sind damit gemeint? Die PHI-Studie nennt als besonders effektiv unter anderem: Steuern auf zuckergesüßte Getränke und stark verarbeitete Junk-Foods, eine verbindliche Ampel- oder Warnkennzeichnung auf Verpackungen, strenge Werbebeschränkungen für ungesunde Lebensmittel (insbesondere für Kinder) sowie verbindliche Qualitätsstandards für das Schulessen und Snacks an Schulen. In Deutschland fehlen all diese Regulierungen weitgehend. So gibt es bis heute keine Softdrink-Steuer und keine Sonderabgabe für Chips oder Süßigkeiten. Die Nährwertampel (Nutri-Score) ist nur freiwillig, nicht verpflichtend und hat auch schwere Mängel in ihrer Aussage über einzelne Lebensmittelgruppen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat zwar Richtlinien für Schulessen erarbeitet, aber kein Bundesland setzt flächendeckende Standards durch. Werbung für zucker-, fett- oder salzhaltige Lebensmittel darf in vielen Fällen immer noch explizit Kinder ansprechen. Damit ebnen wir Zivilisationskrankheiten nahezu widerstandslos den Weg.

Kein Wunder, dass sich die Ernährung der Menschen in DACH-Raum kaum verbessert. Wir ruhen uns auf dem Glauben aus, Konsument*innen könnten ja freiwillig „die richtige Wahl“ treffen – obgleich große Industrien täglich dafür sorgen, dass ungesunde Lebensmittel omnipräsent und billiger sind als gesunde. Andere Länder zeigen, dass es auch anders geht. Im Vereinigten Königreich gibt es beispielsweise eine Steuer auf Limonaden und klare Vorgaben für das Schulessen. In Finnland und Frankreich etwa dürfen an Schulen nur Lebensmittel angeboten werden, die nährstoffarmen Snack-Automaten sind dort schon seit Jahren verboten oder stark eingeschränkt. Litauen und Polen begrenzen den Verkauf ungesunder Produkte an Schulen und haben strikte Nährwert-Obergrenzen eingeführt.

In Deutschland und Österreich hingegen kassieren wir das Prädikat „Schlusslicht“. Das ist nicht nur ein Armutszeugnis der Politik, sondern ein Hochrisiko-Szenario für unsere Zukunft. Adipositas- und Diabetes-Raten steigen – laut Daten aus Oberösterreich leidet heute schon etwa jede siebte Person an Diabetes und viel zu viele Jugendliche sind übergewichtig. Dabei sprechen Studien seit Jahren eine deutliche Sprache: Ein Bündel aus Besteuerung, Subventionen für Obst und Gemüse, Schulverpflegungs-Standards und Werbekontrollen hätte das Potenzial, die Ernährung in der Bevölkerung grundlegend zu verbessern. Stattdessen fehlt uns der politische Mumm, diese Maßnahmen konsequent umzusetzen.

Best Practice: Chile und Japan – Wie klare Systeme gesunde Ernährung fördern

Ein Blick nach Chile zeigt eindrucksvoll, wie wirksame Ernährungspolitik aussehen kann – wenn der politische Wille vorhanden ist. Das südamerikanische Land hat bereits 2016 umfassende Maßnahmen eingeführt, um die Bevölkerung vor den Folgen unausgewogener Ernährung zu schützen. Dazu gehören unter anderem strikte Werbeverbote für ungesunde Lebensmittel, insbesondere solche mit hohem Zucker-, Salz- oder Fettgehalt, Warnhinweise in Form von Stoppschildern auf Verpackungen und verbindliche Vorgaben für das Schulessen. Produkte, die zu süß, zu fett oder zu salzig sind, dürfen nicht mehr an Kinder vermarktet werden – weder im Fernsehen noch durch Comicfiguren auf der Verpackung.

Diese konsequente Verhältnisprävention zeigt Wirkung: Studien aus Chile belegen bereits einen Rückgang des Konsums stark verarbeiteter Lebensmittel bei Kindern und Jugendlichen. Gleichzeitig wächst das Bewusstsein in der Bevölkerung für gesunde Ernährung. Chile beweist damit, dass klare gesetzliche Regeln – statt freiwilliger Empfehlungen – notwendig sind, um die Industrie in die Verantwortung zu nehmen und die Gesundheit kommender Generationen zu schützen.

Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel liefert Japan: Laut OECD liegt die Adipositasrate dort bei nur 4,4 % – das ist einer der niedrigsten Werte weltweit. Zum Vergleich: In Österreich sind rund 17,4 %, in Deutschland etwa 18,5 % der Erwachsenen adipös. In den USA sind es sogar 38,4 % (Stand: 2024). Der Unterschied? In Japan sorgen verpflichtende Ernährungsprogramme in der Schule, tägliche Bewegung in Schulen, ein geringer Stellenwert von Kinderwerbung für Junkfood sowie ein kulturelles Verständnis für frische, ausgewogene Ernährung für echte Prävention.

Chile und Japan beweisen: Eine gesündere Gesellschaft ist kein Zufall, sondern das Ergebnis mutiger Politik und klarer Regeln. Länder wie Deutschland und Österreich haben noch viel aufzuholen – vor allem, wenn sie die nächste Generation nicht an Fettleibigkeit und Folgekrankheiten verlieren wollen.

Bewegung: Vom Sofa auf’s Fahrrad?

Auch in der Bewegungsförderung besteht Nachholbedarf, wenn auch die Unterschiede zu den Spitzenreitern weniger dramatisch ausfallen. Beim Thema körperliche Aktivität landen Deutschland und Österreich laut Public Health Index 2025 immerhin im Mittelfeld: Beide erreichen jeweils 20,5 von 25 Punkten. Zum Vergleich: Großbritannien liegt bei 24,3 Punkten, auch Dänemark und Frankreich gehören zu den führenden Ländern in der Bewegungspolitik.

Viele Maßnahmen sind bereits zumindest offiziell vorhanden – etwa Nationale Aktionspläne, Förderprogramme fürs Radfahren, Bewegungsinitiativen für Schulen oder digitale Schrittzähler-Kampagnen. Doch die Finanzierung und Umsetzung bleiben oft halbherzig. Selbst Länder im hinteren Feld setzen die meisten der empfohlenen Bewegungsprogramme um – Deutschland tut sich hier eher schwerer, weil es häufig an Konsequenz, Infrastruktur und sozialer Reichweite fehlt.

Das schlägt sich in den Daten nieder: Bewegungsmangel verursachte 2021 nach Schätzungen der Global Burden of Disease etwa 10.400 vorzeitige Todesfälle in Deutschland. Täglich sitzen Millionen Deutsche stundenlang – schulisch, beruflich, zuhause. Dabei gibt es viele einfache, wirksame Hebel: regelmäßig Gehwege und Radnetze ausbauen, Sport in Schulen und Betrieben verpflichtend fördern, Bewegungsprogramme für ältere Menschen etablieren. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Bewegung lässt sich nicht so leicht beschneiden oder verbieten wie etwa Zucker. Trotzdem ist Fortschritt möglich, wenn man ihn politisch anpackt.

Bewegung auf zwei Rädern – Paris und Amsterdam zeigen, wie’s geht

Wenn es um die Förderung aktiver Mobilität geht, lohnt ein Blick nach Frankreich und in die Niederlande. Paris hat sich in den letzten Jahren zu einem echten Vorreiter entwickelt: Mit einem klaren politischen Kurs hat die Stadt konsequent Fahrspuren in Radwege umgewandelt, Tempo-30-Zonen flächendeckend eingeführt und das städtische Leihfahrradsystem massiv ausgebaut. Ziel ist es, das Fahrrad zur ersten Wahl im urbanen Alltag zu machen – und das Auto weitgehend aus der Innenstadt zu verbannen. Bewegung soll hier nicht nur möglich, sondern naheliegend und attraktiv werden.

Ein weiteres Vorbild ist Amsterdam. Die niederländische Hauptstadt gilt weltweit als Synonym für Fahrradfreundlichkeit – doch dieses System entstand nicht über Nacht. Vielmehr wurde es über Jahrzehnte hinweg aufgebaut: mit durchdachter Stadtplanung, sicheren Radwegen, Verkehrsberuhigung und massiver Investition in die Infrastruktur. Heute ist das Rad in Amsterdam nicht einfach ein Verkehrsmittel, sondern Teil der Alltagskultur.

Diese beiden Städte zeigen, wie politische Entschlossenheit und langfristige Planung Bewegung nachhaltig in den Alltag integrieren können – etwas, das in weiten Teilen des DACH-Raums noch immer fehlt.

Expertenstimme: Dr. Peter Gelius – „Bewegung darf kein Privileg sein“

Ass.-Prof. Dr. Peter Gelius von der Universität Lausanne, Experte für nationale Bewegungspolitik, fordert im Interview mit dem PHI eine klare gesellschaftliche Neuausrichtung: „Bewegung darf kein Privileg sein.“ Gerade in Ländern wie Deutschland oder Österreich profitierten derzeit vor allem bildungsnahe und einkommensstarke Bevölkerungsgruppen von Bewegungsangeboten – während Kinder aus sozial schwächeren Haushalten oder ältere Menschen oft strukturell ausgeschlossen würden. Gelius betont, dass echte Bewegungsförderung nicht bei Appellen stehen bleiben dürfe, sondern in der Stadtplanung, im Schulwesen und im öffentlichen Raum verankert sein müsse. Nur so könne körperliche Aktivität im Alltag zur gelebten Normalität werden – unabhängig von Wohnort oder Einkommen.

Verantwortung und Ausblick

Der Public Health Index zieht ein deutliches Fazit: In drei von vier Präventionsfeldern – Tabak, Alkohol, Ernährung – ist der DACH-Raum ein Schlusslicht, nur bei Bewegung liegt er bestenfalls im unteren Mittelfeld. Insgesamt belegt Deutschland gerade einmal Platz 17 von 18 untersuchten Ländern in Nord- und Zentraleuropa. Österreich ist nicht viel besser. Das entspricht auch dem Empfinden vieler Menschen: Trotz aller Appelle fühlt man sich hierzulande oft im Stich gelassen, wenn es um gesunde Lebensbedingungen geht.

Wir müssen klar benennen: Die Politik trägt hier enorme Verantwortung. Jahrelang wurden Warnungen von Wissenschaftlern ignoriert und Empfehlungen von der WHO oder OECD nicht umgesetzt. Statt konsequenter Regulierung setzten Entscheidungsträger auf Freiwilligkeit und Lobby-Deals. Die Zigarettenpackung bleibt bunt, Werbung nur oberflächlich begrenzt, Steuern zu niedrig, Schulessen oft ungesund – all das ist politisches Versäumnis. Der Einfluss von der Tabak-, Alkohol- und Lebensmittelindustrie ist zu groß und verhindert Maßnahmen, die sich klar als wirksam erwiesen haben.

Was im Public Health Index gar nicht erst messbar ist – aber in der Praxis riesige Auswirkungen hat – sind die stillen Vorstufen chronischer Erkrankungen. Etwa Insulinresistenz, die jahrelang im Verborgenen bleibt, bis sie sich als Typ-2-Diabetes manifestiert. Ich sehe das als massives Versäumnis: Wir übersehen Millionen Menschen, die längst in einem krankhaften Stoffwechselzustand leben, aber noch keine Diagnose tragen. Prävention müsste genau hier ansetzen – bevor es zu spät ist.

Die gute Nachricht: Ein Umsteuern ist jederzeit möglich. Unser Reichtum und leistungsfähiges Gesundheitswesen bieten eigentlich die Chance, präventiv in die Zukunft zu investieren. Andere Länder machen es vor: England und Irland zeigen mit ambitionierter Tabak- und Ernährungspolitik, wie man Ungesundes verteuert und Alternativen attraktiver macht. Die skandinavischen Staaten machen Alkohol konsequent teuer und schwer zugänglich. Und Chile oder die Niederlande setzen Zeichen mit klaren Warnbildern und Verboten für Kinderwerbung. Daran sollten wir uns orientieren.

Konkret würde zu den ersten Schritten gehören:

  • Tabakgegenschlag: Raucherzonen weiter einschränken, effektive Werbeverbote ausweiten, Zigaretten stärker besteuern.
  • Alkoholregulierung: Verkaufsstellen limitieren, Steuern deutlich erhöhen, Werbung einschränken.
  • Fett-Zucker-Politik: Steuern auf zuckrige Getränke und hochverarbeitete Snacks einführen, verbindliche Nährwertkennzeichnung (z.B. Ampelsystem) einführen, klare Regeln für Schul- und Kitaessen festlegen.
  • Bewegungsförderung: Infrastruktur für Radfahrer und Fußgänger ausbauen, Bewegungsprogramme in Bildungseinrichtungen verpflichtend fördern und Gesundheitsangebote leicht zugänglich machen.

Diese Maßnahmen sind alle evidenzbasiert und erprobt. Was uns fehlt, ist politischer Mut. Gesundheit darf nicht in Legislaturperioden gedacht werden; wir müssen Lösungen fordern, die der Bevölkerung langfristig nützen. Die Daten des Public Health Index 2025 sind ein Weckruf: Das derzeitige „Weiter-so“ ist nichts weiter als eine Scheuklappe und gefährdet unsere Zukunft. Doch mit der richtigen Umstellung von politischer Seite her, könnten wir dem Einhalt gebieten und für eine bessere Zukunft sorgen. Bis dahin müssen wir unsere Gesundheit allerdings in die eigenen Hände nehmen.

Energiegeladene Grüße,

Der Optimizer

Richard Staudner 

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Quelle: Public Health Index 2025 

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