Die meisten Menschen werden in ihrem Leben schon mal Alkohol getrunken haben. Man bekommt es an jeder Weihnachtsfeier und Geburtstagsparty in die Hand gedrückt. Alkohol ist allgegenwärtig – und genau da liegt das Problem. Die Zahlen aus dem aktuellen Alkohol-Monitoring 2023 sind “ernüchternd”:
- In Österreich trinken Menschen ab 15 Jahren im Schnitt 11,6 Liter reinen Alkohol pro Jahr [1]
- Das entspricht in etwa 2,5 Flaschen Wein pro Woche oder 9 Krügerl Bier pro Woche.
Noch besorgniserregender ist, dass etwa 15 Prozent der Österreicher ein problematisches Trinkverhalten aufweisen, und etwa 5 Prozent als alkoholabhängig gelten. [2] In der Schweiz und in Deutschland sieht es ähnlich aus.
Die meisten von uns kennen die kurzfristigen Auswirkungen von Alkohol gut: die ausgelassene Stimmung, das Gefühl der Entspannung oder den unangenehmen Kater am nächsten Tag.
Doch wie sieht es mit den langfristigen Folgen aus? Welchen Preis zahlt unser Körper wirklich für den regelmäßigen Alkoholkonsum?

Die Schattenseiten des Alkohols
Herz-Kreislauf-System
Regelmäßiger Alkoholkonsum kann dein Herz-Kreislauf-System auf verschiedene Weisen beeinträchtigen:
- Bluthochdruck: Bereits moderater Alkoholkonsum kann deinen Blutdruck dauerhaft erhöhen
- Herzrhythmusstörungen: Das bekannte „Herzstolpern“ kann sich zu ernsthaften Rhythmusstörungen entwickeln
- Schwächung des Herzmuskels: Dein Herz muss härter arbeiten, um Blut durch den Körper zu pumpen
- Erhöhtes Schlaganfallrisiko: Besonders in Kombination mit Bluthochdruck steigt dieses Risiko deutlich [3]
Der Zusammenhang ist dabei natürlich dosisabhängig: Je mehr und je regelmäßiger du trinkst, desto höher ist das Risiko für diese Erkrankungen.
Entzündungen und die Leber
Deine Leber ist das wichtigste Entgiftungsorgan und steht bei Alkoholkonsum an vorderster Front. Eine Fettleber entsteht, wenn sich übermäßig viel Fett in den Leberzellen einlagert – meist durch ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, chronischen Stress oder eben Alkohol. Sie gilt als stille Volkskrankheit, weil sie oft lange symptomlos bleibt, aber das Risiko für Entzündungen, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen massiv erhöht.
Die Alkoholische Hepatitis ist eine akute Entzündung der Leber, die durch langjährigen und übermäßigen Alkoholkonsum entsteht. Typische Folgen sind Leberschwellung, Schmerzen im Oberbauch, Gelbsucht und eine deutlich eingeschränkte Leberfunktion. Ohne Abstinenz kann sich die Erkrankung verschlimmern und in eine Zirrhose übergehen.
Die Leberzirrhose ist das Endstadium vieler chronischer Lebererkrankungen. Dabei wird gesundes Lebergewebe dauerhaft durch Narbengewebe ersetzt, sodass die Leber ihre Aufgaben – Entgiftung, Stoffwechsel und Hormonregulation – nicht mehr richtig erfüllen kann. Die Folgen reichen von Müdigkeit und Verdauungsstörungen bis hin zu lebensgefährlichen Komplikationen wie Leberversagen oder Krebs.
Die Entwicklung von Leberschäden verläuft dabei typischerweise in diesen drei Stufen:
- Alkoholische Fettleber:
- Erste Schädigungsstufe
- Meist noch reversibel
- Tritt bereits bei regelmäßigem, moderatem Konsum auf [4]
- Alkoholische Hepatitis:
- Entzündliche Reaktion der Leber
- Verursacht oft unspezifische Symptome wie Müdigkeit und Leistungsabfall
- Kann sich bei fortgesetztem Konsum zur Zirrhose entwickeln
- Leberzirrhose:
- Endstadium der Leberschädigung
- Nicht mehr rückgängig zu machen
- Führt zu einer stark eingeschränkten Leberfunktion [5]
Das Tückische: Deine Leber hat keine Schmerzrezeptoren. Das bedeutet, dass du Schäden oft erst bemerkst, wenn sie bereits fortgeschritten sind.
Die gute Nachricht ist, dass sich deine Leber bei frühem Verzicht sehr gut regenerieren kann.
Nervensystem und kognitive Fähigkeiten
Chronischer Alkoholkonsum kann zu weitreichenden Schäden an deinem zentralen Nervensystem führen. Ein frühes Warnsignal ist oft ein Kribbeln oder Taubheitsgefühl in Händen und Füßen – ein Zeichen dafür, dass deine Nerven bereits geschädigt sind. [6]
Vielleicht hast du schon einmal bemerkt, dass dein Gedächtnis nach einem Abend mit viel Alkohol etwas lückenhaft ist. Doch die Auswirkungen auf dein Nervensystem gehen weit über den „Filmriss“ hinaus:
- Langzeitgedächtnis:
- Schwierigkeiten beim Abrufen von Erinnerungen
- Probleme beim Speichern neuer Informationen
- Beeinträchtigte Lernfähigkeit
- Kognitive Funktionen:
- Verlangsamte Reaktionszeit
- Eingeschränkte Problemlösungsfähigkeit
- Verminderte Konzentrationsfähigkeit
- Beeinträchtigtes Urteilsvermögen [7]
- Erhöhtes Demenzrisiko [8]
Besonders bedenklich: Chronischer Alkoholkonsum kann deinen Frontallappen schädigen – den Teil deines Gehirns, der für wichtige Funktionen zuständig ist, darunter:
- Entscheidungsfindung
- Impulskontrolle
- Soziales Verhalten
- Emotionsregulation.
In schweren Fällen kann chronischer Alkoholkonsum sogar zum Wernicke-Korsakoff-Syndrom führen – einer schwerwiegenden Gehirnstörung, die durch Vitamin-B1-Mangel verursacht wird. [9]

Libido und erektile Dysfunktion
Ein weiteres, oft verschwiegenes Problem: Alkohol kann dein Sexualleben erheblich beeinträchtigen. Während ein Glas Wein zunächst enthemmend wirken mag, sieht die langfristige Bilanz anders aus:
- Bei Männern:
- Sinkende Testosteronproduktion [10]
- Erhöhtes Risiko für erektile Dysfunktion
- Verminderte Fruchtbarkeit [11]
- Bei Frauen:
- Hormonelle Ungleichgewichte
- Reduzierte sexuelle Empfindsamkeit
- Mögliche Fruchtbarkeitsprobleme [12]
Knochendichte
Ein oft übersehener Effekt von chronischem Alkoholkonsum ist sein Einfluss auf deine Knochengesundheit. Alkohol hemmt die Aktivität deiner Osteoblasten – der Zellen, die für den Knochenaufbau verantwortlich sind – und stört gleichzeitig die Calcium-Aufnahme im Körper. [13]
Immunsystem
Regelmäßiger Alkoholkonsum schwächt dein Immunsystem auf verschiedenen Ebenen:
- Reduzierte Anzahl weißer Blutkörperchen
- Verminderte Abwehrkraft gegen Infektionen
- Verlängerte Heilungsdauer bei Erkrankungen
- Chronisch geschwächtes Immunsystem
- Erhöhte Anfälligkeit für bestimmte Infektionskrankheiten, wie zum Beispiel Tuberkulose [14]

Weitere Bedenken
Es gibt neben diesen Effekten noch weitere Konsequenzen, die den Rahmen dieses Beitrages sprengen würden. Hierzu zählen:
- Störungen des Menstruationszyklus
- Verdauungsprobleme
- Blutzuckerkontrolle aufgrund einer entzündeten Bauchspeicheldrüse
- Erhöhtes Risiko diverser Krebsformen [15]
Hat Alkohol auch Vorteile?
Insbesondere Rotwein wurde in den letzten Jahrzehnten immer wieder mit gewissen gesundheitlichen Vorteilen in Verbindung gebracht.

Das französische Paradox
Das sogenannte „Französische Paradox“ beschreibt die Beobachtung, dass die französische Bevölkerung trotz einer relativ fettreichen Ernährung eine geringere Rate an Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweist. Wissenschaftler führten dies teilweise auf den moderaten Rotweinkonsum zurück.
Der vermutete Hauptakteur dabei ist Resveratrol – ein Antioxidans, das besonders in Rotwein vorkommt.
Doch diese Vermutung hat einige Schwächen:
- Die Wissenschaftler hatten damals keine genauen Informationen darüber, was die Franzosen wirklich aßen. Die Ernährungsdaten waren eher grob geschätzt.
- Es könnte sein, dass in Frankreich nicht alle Herzerkrankungen richtig erfasst und dokumentiert wurden. Das würde bedeuten, dass die Zahlen besser aussahen als sie wirklich waren.
- Die Forscher schauten fast nur auf das Essen und den Wein, vergaßen aber andere wichtige Dinge wie Bewegung und die Art, wie Franzosen ihre Mahlzeiten genießen.
- Das Essverhalten der Franzosen hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Die alten Studien passen nicht mehr ganz zur heutigen Situation.
Doch selbst, falls das französische Paradox tatsächlich zutrifft: Die Menge an Resveratrol in Rotwein ist relativ gering. Du müsstest unrealistisch große Mengen trinken, um einen signifikanten gesundheitlichen Nutzen zu erzielen.
Die gute Nachricht: Dieselben antioxidativen Eigenschaften findest du auch in Traubensaft, roten Weintrauben oder Beeren – ganz ohne die schädlichen Effekte des Alkohols.
Der Resveratrol-Gehalt variiert stark, je nach Rebsorte. Doch als grobe Orientierung: Du müsstest etwa 500 Gramm (oder ungefähr 2–3 Tassen) schwarze Weintrauben essen, um die gleiche Menge Resveratrol wie in einem Glas Rotwein zu konsumieren. [16]
Fazit
Die Grenze zwischen genussvollem und gesundheitsgefährdendem Alkoholkonsum ist oft schmaler als gedacht. Nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen gibt es keine „sichere“ Menge an Alkohol. Auch wenn hartnäckige Mythen behaupten, Alkohol könne in kleinen Mengen sogar gesund sein – Fakt ist: Alkohol ist ein absoluter Performance Killer! Er blockiert deine biochemische Balance und behindert deine mentale Entwicklung.
In meiner Familie, sowie auch in vielen anderen Familien in Österreich, ist Alkohol positiv besetzt. Ich kann nur sagen, dass ich diese Akzeptanz nicht teile. Alkohol ist eine Droge und genauso gefährlich wie jede andere Droge – und sollte auch so behandelt werden. Nur weil die Regierungen im DACH-Raum entschieden haben, dass Alkohol frei zugänglich ist, ist er nicht weniger gefährlich als Zigarette,´n, abhängig machende Medikamente oder andere harte Drogen.
Letztendlich ist es eine persönliche Entscheidung, ob und wie viel Alkohol du konsumieren möchtest. Aber diese Entscheidung sollte auf dem Wissen um die langfristigen Konsequenzen basieren.
Wenn du bemerkst, dass dein Alkoholkonsum außer Kontrolle gerät oder du Schwierigkeiten hast, ihn zu reduzieren, scheue dich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Energiegeladene Grüße,
Der Optimizer
Richard Staudner
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Quellen
- Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. (2023). Factsheet Alkoholmonitoring 2023. Gesundheit Österreich GmbH (GÖG). https://jasmin.goeg.at/id/eprint/3523/1/Factsheet_Alkoholmonitoring%202023_BF.pdf
2. Kurier. (2023, 20. März). 15 Prozent der Österreicher mit problematischem Alkoholkonsum. https://kurier.at/leben/gesellschaft/15-prozent-der-oesterreicher-mit-problematischem-alkoholkonsum/402440799
3. Ajmera, V. H., Terrault, N. A., & Harrison, S. A. (2022). Is moderate alcohol use in nonalcoholic fatty liver disease good or bad? A critical review. Hepatology, 76(1), 185–196. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36220600/
4. Rehm, J., & Shield, K. D. (2019). Global burden of alcohol use disorders and alcohol liver disease. Biomedicines, 7(4), 99. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31536239/
5. Seitz, H. K., Bataller, R., Cortez-Pinto, H., Gao, B., Gual, A., Lackner, C., Mathurin, P., Mueller, S., Szabo, G., & Tsukamoto, H. (2018). Alcoholic liver disease. Nature Reviews Disease Primers, 4, 16. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30454826/
6. National Center for Biotechnology Information (NCBI). (2020). Alcoholic liver disease. In StatPearls [Internet]. StatPearls Publishing. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK499856/
7. Gupta, N. K., Lewis, J. H., & Cox, A. L. (2020). Hepatitis and liver injury due to alcohol. Clinics in Liver Disease, 24(1), 21–36. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32054517/
8. Osna, N. A., Donohue, T. M., & Kharbanda, K. K. (2017). Alcoholic liver disease: Pathogenesis and current management. Alcohol Research: Current Reviews, 38(2), 147–161. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7020517/
9. Zhou, Y., Zhou, L., Zhou, C., Sun, Y., & Guo, J. (2017). Alcoholic liver disease and fibrosis: Mechanistic insights and clinical progress. World Journal of Gastroenterology, 23(7), 1162–1178. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28613480/
10. Louvet, A., & Mathurin, P. (2022). Alcoholic liver disease: Mechanisms of injury and targeted treatment. Liver International, 42(1), 28–44. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9708857/
11. Ndugga, N., Lightbourne, T. G., Javaheri, A., et al. (2023). Alcohol-associated hepatitis and liver disease: Emerging evidence and new perspectives. Frontiers in Physiology, 14, 10163664. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10163664/
12. Zakhari, S. (2006). Overview: How is alcohol metabolized by the body? Alcohol Research & Health, 29(4), 245–254. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/14967377/
13. Lieber, C. S. (1991). Hepatic and metabolic effects of ethanol: Pathogenesis and prevention. Annals of Medicine, 23(4), 233–241. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/2222569/
14. Albano, E. (2006). Alcohol, oxidative stress and free radical damage. Proceedings of the Nutrition Society, 65(3), 278–290. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18702821/
15. Bellentani, S. (2023). The epidemiology of liver diseases associated with alcohol. Liver International, 43(1), 12–25. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10867516/
16. Renaud, S., & de Lorgeril, M. (1992). Wine, alcohol, platelets, and the French paradox for coronary heart disease. The Lancet, 339(8808), 1523–1526. https://www.researchgate.net/figure/Resveratrol-content-of-some-foods_tbl1_261708701