Du schläfst genug, ernährst dich gesund und bewegst dich regelmäßig. Trotzdem fühlst du dich oft erschöpft? Während andere nach einer Tasse Kaffee wieder fit sind, kämpfst du den ganzen Tag mit deinem Energielevel.
Wenn du trotz diverser bewährter Maßnahmen einen Energiemangel hast, könnte sich eine Untersuchung in die eigene Genetik eventuell rentieren. Denn die Antwort könnte in deiner DNA liegen. Ich möchte dir in diesem Beitrag zeigen, wie unterschiedlich diverse genetische Mutationen unser alltägliches Leben und Energieniveau beeinflussen können.
Es können viele Systeme in deinem Körper betroffen sein: deine Zellkraftwerke, der Mikronährstoffhaushalt oder dein Hormonstoffwechsel. All diese Prozesse werden – mehr oder weniger stark – durch deine genetische Grundausstattung beeinflusst. Das bedeutet: Nicht nur dein Lebensstil bestimmt, wie viel Energie dir zur Verfügung steht. Es lohnt sich also, tiefer zu graben und auch deine Gene in den Blick zu nehmen.
Mitochondriale DNA-Defekte – Wenn die Kraftwerke streiken!
Deine Mitochondrien besitzen ihre eigene DNA, die mtDNA. Diese enthält 37 Gene, die lebenswichtige Proteine für die Energieproduktion codieren. Defekte in dieser DNA können die Energiegewinnung massiv stören.
Häufige mitochondriale Defekte sind:
- Komplex-I-Mangel
- Betrifft die erste Station der Energiegewinnung
- Führt zu verringerter ATP-Produktion
- Zeigt sich oft durch Muskelschwäche und Erschöpfung [1]
- MT-ATP6-Mutationen
- Stören die letzte Phase der Energiegewinnung
- Können die ATP-Produktion um bis zu 50 % reduzieren [2]
- Verursachen oft belastungsabhängige Erschöpfung
- MT-TL1-Varianten
- Beeinflussen die Proteinsynthese in Mitochondrien
- Führen zu ineffizienter Energieproduktion
- Symptome verschlimmern sich oft bei Stress oder Krankheit [3]
Gut zu wissen: Anders als die DNA in deinem Zellkern werden Mitochondrien nur mütterlicherseits vererbt. Das bedeutet, alle deine Mitochondrien stammen von deiner Mutter. [4]

Auswirkungen auf den Alltag
Mitochondriale Defekte können sich unterschiedlich stark auswirken:
Schweregrad | Symptome |
Leicht | Schnellere Ermüdung bei körperlicher Aktivität Erhöhter Energiebedarf bei Stress Längere Erholungszeiten nach Anstrengung |
Mittelschwer | Dauerhafte Erschöpfung Muskelschwäche Verminderte Belastbarkeit |
Schwer | Multisystemerkrankungen Ausgeprägte körperliche Einschränkungen Hoher Energiebedarf selbst in Ruhe |
Stoffwechselgene und Energiehaushalt
ATP-Produktion
Gene wie AMPD1 und ACTN3 beeinflussen direkt, wie effizient dein Körper ATP herstellt. AMPD1 steuert den Energiestoffwechsel in deinen Muskeln. Menschen mit AMPD1-Varianten ermüden oft schneller bei sportlicher Aktivität. Der ACTN3-Code bestimmt die Art deiner Muskelfasern – schnell oder langsam zuckend. Eine bestimmte Variante kann zu geringerer Explosivkraft führen. [5]
Glukoseverwertung
Deine Zellen nutzen Glukose als Hauptenergiequelle. Gene wie GLUT4 und HK2 sind die Türsteher dieses Prozesses. Varianten dieser Gene können die Aufnahme und Verwertung von Zucker erschweren. Das TCF7L2-Gen beeinflusst zusätzlich die Insulinproduktion. Liegt hier eine ungünstige Variante vor, schwankt dein Blutzucker stärker – und damit auch dein Energielevel. [6]
Fettsäureoxidation
CPT1 und ACADM sind Schlüsselgene für die Energiegewinnung aus Fetten. Sie steuern, wie gut dein Körper Fettsäuren in den Mitochondrien verbrennt. Defekte hier führen dazu, dass du weniger Energie aus Fetten gewinnen kannst. Das merkst du besonders bei längeren Aktivitäten oder wenn du fastest. [7]

Hormone und der Einfluss deiner DNA
Schilddrüsenhormone
Die Gene FOXE1 und DIO2 bestimmen, wie gut deine Schilddrüse arbeitet. DIO2 wandelt das Hormon T4 in das aktivere T3 um. Genetische Varianten können bewirken, dass du trotz normaler Blutwerte müde bist. Der TSH-Rezeptor, codiert durch TSHR, reagiert dann möglicherweise weniger empfindlich auf Steuersignale. [8]
Genetische Varianten im Cortisolstoffwechsel
Das SERPINA6-Gen regelt, wie viel deines Cortisols (das Stresshormon) aktiv ist. HSD11B1 bestimmt, wie gut Cortisol in den Zellen wirkt. Varianten dieser Gene können zu einem gestörten Tagesrhythmus führen. Morgens kommst du schlecht in Gang, abends bist du überdreht. Der Cortisolspiegel taktet dann nicht mehr richtig mit deiner inneren Uhr. [9]
Nährstoffverwertung – Auch deine Treibstoffverwertung wird durch Gene bestimmt
Vitamin B-Stoffwechsel
MTHFR und MTR sind zentrale Gene für den B-Vitamin-Stoffwechsel. Sie steuern, wie gut dein Körper B-Vitamine verwertet. Besonders B12 und Folsäure sind wichtig für deine Energie. Genetische Varianten können die Aufnahme und Umwandlung dieser Vitamine erschweren. Das kann sich in Müdigkeit und verminderter Leistungsfähigkeit zeigen. [10]
Eisenstoffwechsel
Die Gene HFE und TMPRSS6 regeln deinen Eisenhaushalt. Sie beeinflussen, wie gut Eisen aus der Nahrung aufgenommen wird. Varianten können zu einem niedrigeren Eisenspiegel führen – selbst wenn du eisenreich isst. Da Eisen für den Sauerstofftransport wichtig ist, spürst du einen Mangel durch Müdigkeit. [11]
Coenzym Q10-Synthese
COQ2 und PDSS2 sind verantwortlich für die körpereigene Q10-Produktion. Dieses Coenzym ist unverzichtbar für die Energiegewinnung in den Mitochondrien. Genetische Varianten können die Q10-Synthese verlangsamen. Das wirkt sich besonders auf energiehungrige Organe wie Herz und Muskeln aus. [12]
Fazit
Deine Gene bestimmen zwar deine Grundausstattung, aber sie sind kein unveränderliches Schicksal. Mit dem Wissen um deine genetischen Besonderheiten kannst du gezielt gegensteuern. Das kann bedeuten, deinen Lebensstil anzupassen, bestimmte Nährstoffe zu ergänzen oder deine Aktivitäten klug zu timen.
Die personalisierte Medizin, bei der medizinische Maßnahmen auf deine Lebenssituation und deinem genetischen Profil angepasst werden, ist diesbezüglich ein besonders spannendes Thema, das aktuell einen Boom erlebt.
Literaturverzeichnis: