Was ist HRV?
Die Herzfrequenzvariabilität (HRV) beschreibt die feinen zeitlichen Schwankungen zwischen zwei Herzschlägen. Anders als der Puls, der angibt, wie oft das Herz schlägt, zeigt die HRV, wie flexibel dein Herz auf Reize reagiert – ob Stress, Entspannung, Bewegung oder Krankheit.
Die Messung erfolgt meist in Millisekunden und basiert auf der Analyse des sogenannten RR-Intervalls – also der Zeit zwischen den R-Zacken im EKG. Eine hohe HRV gilt als Zeichen eines gesunden, anpassungsfähigen Organismus. Eine niedrige HRV deutet hingegen auf chronischen Stress, Erschöpfung oder gesundheitliche Dysbalancen hin.

Woher kommt das Konzept der HRV?
HRV stammt ursprünglich aus der kardiologischen Forschung der 1960er-Jahre und wurde zur Risikobewertung nach Herzinfarkten eingesetzt. In den letzten Jahrzehnten wurde sie von der Sportwissenschaft, Psychologie und Neurowissenschaft übernommen, weil sie ein zuverlässiger Marker für das autonome Nervensystem ist – insbesondere für das Gleichgewicht zwischen Sympathikus (Leistung, Stress) und Parasympathikus (Regeneration, Ruhe).
Was bringt dir die HRV? – Die Vorteile im Überblick
- Frühwarnsystem für Stress & Überlastung:
Sinkt deine HRV, kann das bedeuten, dass dein Körper unter Strom steht – noch bevor du dich gestresst fühlst. - Tool für Regeneration & Training:
Im Leistungssport wird HRV genutzt, um Trainingsreize besser zu steuern. Eine niedrige HRV am Morgen? Heute lieber regenerativ trainieren. Eine hohe HRV? Der Körper ist bereit für intensive Einheiten. - Indikator für Krankheit:
Studien zeigen, dass die HRV vor dem Auftreten von Symptomen sinken kann – etwa bei Infektionen oder beginnenden Entzündungen. Auch im Bereich Long COVID ist sie relevant geworden. - Messbare Gehirngesundheit:
Eine stabile, hohe HRV ist auch ein Marker für gute neuronale Regulation – also ein ausgeglichenes Nervensystem, funktionierende Emotionskontrolle und gute kognitive Leistungsfähigkeit. - Herzgesundheit direkt gemessen:
Die HRV wird heute als eigenständiger Biomarker für kardiovaskuläre Gesundheit angesehen. Der sogenannte RMSSD-Wert ist ein prädiktiver Marker für das Herz-Kreislauf-Risiko. Der RMSSD-Wert ist ein zentraler HRV-Parameter, der die kurzfristige Schwankung der Herzschläge misst und damit vor allem die Aktivität des Parasympathikus – also des Erholungsnervs – widerspiegelt.
HRV und das Gehirn – die vagale Verbindung
HRV steht in enger Verbindung zum Vagusnerv, dem wichtigsten Nerv des Parasympathikus. Dieser Nerv verbindet Herz, Lunge, Verdauungstrakt und Gehirn miteinander. Je besser dein Vagus funktioniert, desto besser dein Schlaf, deine Erholung, deine Verdauung – und deine Stimmung.
HRV misst indirekt die Aktivität des Vagusnervs. Eine hohe HRV ist ein Zeichen für gute vagale Kontrolle und wird mit emotionaler Resilienz, mentaler Klarheit und einem gesunden limbischen System in Verbindung gebracht.
Warum du deine HRV nicht mit anderen vergleichen solltest
Die HRV ist so individuell wie dein Fingerabdruck – und genau deshalb macht ein direkter Vergleich mit anderen wenig Sinn. Jeder Mensch bringt eine eigene genetische, anatomische und physiologische Ausgangslage mit. Ein Wert von 40 ms kann für dich ein Zeichen von Top-Regeneration sein – und für jemand anderen ein Hinweis auf Überlastung. Auch Faktoren wie Alter und Geschlecht spielen eine Rolle: Jüngere Menschen haben tendenziell eine höhere HRV, Frauen oft eine etwas niedrigere als Männer gleichen Alters. Ausdauerathleten zeigen in Ruhe oft sehr hohe Werte, während muskulöse Kraftsportler – durch ihre häufig erhöhte Sympathikusaktivität – niedrigere Ruhe-HRV-Werte haben können. Dazu kommt: Die HRV schwankt stark im Tagesverlauf. Sie reagiert auf Stress, Schlaf, Koffein, Alkohol, Gedanken, Ernährung und Bewegung – manchmal innerhalb weniger Minuten. (1)
Vergleiche dich mit dir selbst – nicht mit anderen!
Das wirklich Entscheidende bei der HRV ist nicht der absolute Wert, sondern dein individueller Trend über mehrere Tage oder Wochen. Deine HRV ist ein Spiegel deiner inneren Balance – und sie verändert sich ständig in Reaktion auf dein Leben.
Wird deine HRV höher?
Das spricht für gute Regeneration, einen aktiven Parasympathikus, ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung und mentale Ausgeglichenheit. Dein System ist in Balance.
Sinkt deine HRV über Tage hinweg?
Das kann ein Frühwarnzeichen sein – für Stress, ein beginnendes Infektgeschehen, Schlafdefizite, mentale Erschöpfung oder eine hormonelle Dysbalance. Genau hier liegt die Stärke der HRV: Sie zeigt dir, was dein Körper vielleicht schon längst spürt, aber du noch nicht bewusst wahrnimmst.
Wichtiger Tipp: Tracke deine HRV täglich zur gleichen Zeit (z. B. morgens nach dem Aufwachen), um Veränderungen zuverlässig erkennen zu können.

HRV in der Praxis – Was und wie messen?
Tragbare Geräte wie WHOOP, Oura Ring, Polar, Garmin oder Apple Watch messen deine HRV im Alltag oder während des Schlafs – aber nicht alle gleich genau und nicht alle mit den gleichen Methoden.
Wie messen Wearables deine HRV eigentlich?
Es gibt drei gängige Messmethoden, die sich in Genauigkeit und Aussagekraft unterscheiden:
- PPG (Photoplethysmographie):
Diese Methode nutzt optische Sensoren (meist am Handgelenk oder Finger) und misst die Blutvolumenveränderung unter der Haut.
→ Beispiel: Apple Watch, Oura Ring, WHOOP
→ Vorteil: Bequem, kontinuierlich
→ Nachteil: Bewegungsanfällig, weniger exakt bei kurzen Messfenstern - ECG (Elektrokardiogramm):
Misst direkt die elektrische Aktivität des Herzens – z. B. mit Brustgurten wie dem Polar H10.
→ Beispiel: Polar H10 + HRV4Training oder Elite HRV
→ Vorteil: Goldstandard, sehr präzise
→ Nachteil: Nur punktuelle Messungen über Brustgurt - HRV aus Schlafdaten (algorithmenbasiert):
Einige Geräte wie Oura oder WHOOP messen HRV automatisch nachts im Tiefschlaf, wenn der Körper ruhig ist.
→ Vorteil: Störungsarm, gute Vergleichbarkeit
→ Nachteil: Kein Tageswert, keine situative Belastungsanalyse
Morgens direkt nach dem Aufwachen, im Liegen, ruhig und ohne Koffein – für konsistente, vergleichbare Werte. Schlaf-Tracker nutzen automatisch die nächtliche Tiefschlafphase.
Mein Tipp: Die App HRV4Training ist nicht nur wegen ihres günstigen Preises (rund 11€) interessant – sie bietet auch einen praktischen Vorteil: Du brauchst kein zusätzliches Gerät, denn die Messung erfolgt einfach über die Kamera deines Smartphones. Das Besondere: Die App misst morgens im Wachzustand, wenn du die Messung aktiv startest. So bekommst du einen tagesaktuellen HRV-Wert im Ruhezustand, ohne dass du ein Wearable tragen musst. Gerade für alle, die gezielt Stress, Regeneration oder Trainingsbereitschaft tracken wollen, ist das ein echter Vorteil. (2)

Marco Altini – Der Pionier hinter HRV4Training
Dr. Marco Altini ist ein international führender Experte auf dem Gebiet der HRV und der Entwickler der App HRV4Training. Mit einem Hintergrund in Datenwissenschaft, Machine Learning und Physiologie bringt er wissenschaftliche Präzision in die Welt der mobilen Selbstmessung.
Er verfolgt einen personalisierungsorientierten Ansatz, der weniger auf Normwerte und mehr auf individuelle Tagesverläufe und Trends achtet. Sein Motto: „Dein Körper ist dein bester Vergleichswert.“
Marco Altini hat dazu beigetragen, HRV aus der Laborecke in den Alltag von Menschen zu bringen – von Profi-Athleten bis zu gestressten Unternehmern. Seine Publikationen und Blogbeiträge gelten als Goldstandard in der Community. (3)
Fazit: HRV – Ein wichtiger Schlüssel für mehr Gesundheit, Leistung und Langlebigkeit
Die Messung der HRV ist dein persönliches biologisches Feedbacksystem. Sie zeigt dir, wie gut dein System in Balance ist. Sie ist objektiv, ehrlich und hochdynamisch. Wer seine HRV regelmäßig misst, lernt den eigenen Körper neu kennen – und kann Schlaf, Ernährung, Training und Stresslevel gezielt steuern.
- Sie gibt Auskunft über körperliche und mentale Resilienz
- Sie reagiert sensibel auf Lifestyle-Faktoren: Schlaf, Ernährung, Atmung, Stress, Bewegung
- Sie ist ein Messwert für Gehirn- und Herzgesundheit zugleich
- Einfach und regelmäßig messbar im Alltag ohne großen Aufwand
Performance beginnt mit Wahrnehmung. Und HRV ist deine präziseste innere Stimme.
Quelle:
- LeBlanc VR, Mastoras G, Hicks C, MacGregor P, O’Rielly C, Petrosoniak A, Tavares W. The stressed heart: Validity evidence supporting mobile heart rate variability applications to detect psychological stress in healthcare learners. Med Educ. 2025 Feb 24. doi: 10.1111/medu.15629. Epub ahead of print. PMID: 39995203.
- Altini M, Amft O. HRV4Training: Large-scale longitudinal training load analysis in unconstrained free-living settings using a smartphone application. Annu Int Conf IEEE Eng Med Biol Soc. 2016 Aug;2016:2610-2613. doi: 10.1109/EMBC.2016.7591265. PMID: 28268857.
- https://www.marcoaltini.com/